Fast 7 Millionen Alleinerziehende in EU
Die Zahl Alleinerziehenden mit unterhaltsberechtigten Kindern ist in der EU stark gestiegen - auf 7 Millionen. Das sind 14% aller Familien (1983:9%).

(dpa)

Immer mehr Paare lassen sich scheiden

WIESBADEN (ap) Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland 188000 Ehen geschieden,soviel wie nie zuvor und sieben Prozent mehr als im Jahr 1996. Zugleich gibt es immer weniger Hochzeiten. Trauten sich 1997 rund 423000 Paare, gaben sich 1990 noch 516000 das Ja-Wort.
Immer mehr Ehen enden mit der Scheidung

Klimawechsel
Jede dritte Ehe, die in Deutschland in den vergangenen 25 Jahren geschlossen wurde, endete vor dem Scheidungsrichter - Tendenz steigend. Soziologen sehen eine Annäherung an amerikanische Verhältnisse, dort wird bereits jede zweite Ehe geschieden.Keine Frage, das heutige gesellschaftliche Klima macht es Ehepaaren wesentlich leichter, sich zu trennen,als noch vor 30 Jahren. Damals wurden vor allem Frauen nach der Scheidung sozial fast geächtet. Der Einfluß der Kirchen, die Ehen immer noch einen Ewigkeitswert auferlegen, ging in der zunehmend liberaler werdenden Gesellschaft zurück.Auch die ökonomischen und sozialen Verhältnisse haben sich gewandelt. Frauen - sie beantragen übrigens fast zwei Drittel der Scheidungen - sind zunehmend selbst berufstätig oder haben eine qualifizierte Berufsaus bildung und müssen zumindest nicht aus finanziellen Gründen beim Ehepartner bleiben. Hinzu kommt ein Trend zum Individualismus. Die Partner fragen sich, was die Beziehung bringt. Hat die romantische Liebe der frühen Jahre nachgelassen, wird nach "Alternativen" gesucht. Ob dersteigende Trend zur Trennung unbedingt negativ für eine Gesellschaft ist, mag dahingestellt sein. Bedenklich allerdings ist es, daß Kinder zunehmend ein Scheidungsrisiko werden. Die Zahl der Scheidungen von Ehen mit Kindern steigt stärker als die von Ehen ohne Kinder. 165000 Minderjährige erlebten im vergangenen Jahr die endgültige Trennung ihrer Eltern, fast 10% mehr als 1996.Sollte das ein Indiz dafür sein, daß unsere Gesellschaft das Zusammenleben mit Kindern immer schwieriger werden läßt - sei es aus finanziellen oder sozialen Gründen-, wäre es allerdings an der Zeit, Über unsere Formen von Beziehungen nachzudenken.
Kinder halten fit

"Kinder machen Väter fit",berichtetet die Zeitschrift "Vital". Zwei US-Psychologinnen hatten Väter, die wegen ihrer Karriere nur wenig Zeit für ihre Kinder erübrigten, mit solchen verglichen, die den Feierabend gern und oft mit dem Nachwuchs verbrachten. Ihr Fazit: Die Karriere-Papis litten viel häufiger unter Streß, Rückensehmerzen,Kopfweh und Schlaflosigkeit.
Ubrigens - und das wird nicht berichtet: Die Frauen der Spiel-Papis sind sicher ebenfalls weniger gestreßt als die der Karriere-Väter.Denn sie haben zumindest abends, wenn ihr Mann sich "fithält", Pause - vom ganztägigen Fitneß-Programm.
Immer weniger Väter zahlen Unterhalt
KURZ UND AKTUELL
Geschiedene oder nicht verheiratete Väter entziehen sich immer häufiger ihrer Verpflichtung, Unterhalt für ihre Kinder zu zahlen.800 000 Väter zahlten gar nicht, weitere 800 000 zuwenig oder unregelmäßig,so der Verband alleinerziehender Mütter und Väter.Nur jeder 3. Vater komme seiner Pflicht nach.

dazu schreibt mir Hans König ( hansi at dierk.de )

Dieser Artikel suggeriert der Bevölkerung (wie so oft) einen Zustand, der so gar nicht existiert.
Diese Statistik kann nur behämmert sein.
Nach meiner nun fast 20jährigen Erfahrung ist es in Deutschland nicht möglich, sich vor dem Kindesunterhalt zu drücken.

Eine Nichtzahlung erfolgt lediglich:
1. Während eines laufenden Verfahrens, wenn die Höhe des Unterhaltes (bzw. der kpl. Rechtanspruch)strittig ist.
Das kann dauern. Z. B. wie bei mir. Meine erwachsene Tochter hat mich Feb. 2004 verklagt. Jetzt am 03.02.2006 ist die Verhandlung beim OLG Hamm.
2. Die Väter sind nicht leistungsfähig.
3. Die Väter befinden sich vorrübergehend auf der Flucht. Die Gefahr ist groß, dass sie in der Gosse landen.(s. auch 2.)
4. Es wird kein Unterhalt mehr geschuldet.
Pkt. 1 + 2 bilden die große Masse.

Pkt. 3 wird aber suggeriert.
Auf der anderen Seite haben wir die armen alleinumhererziehenden Mütter, die meistens sowieso vom Amt das Geld bekommen.
Evangelische Kirche:Kein Gottesdienst bei der Scheidung
BIELEFELD (idea) Die Evangelische Kirche von Westfalen hat klargestellt,daß Gottesdienste aus Anlaß einer Scheidung nicht zulässig sind. Das zu ändern sei gegebenenfalls Sache der Landessynode. Damit reagierte die Landeskirche auf die Ankündigung eines Pfarrers in Bielefeld, der mit Erlaubnis seines Presbytenum in seiner Gemeinde solche Gottesdienste anbieten wollte.
Nolte: Sozialleistungen verhindern existenzbedrohende Not

Bundesregierung weist den Begriff "Kinderarmut" zurück

BONN Die hohe Arbeitslosigkeit und die wachsende Zahl von Ehescheidungen engen auch den finanziellen Spielraum von Kindern zunehmend ein: 1992 lebten in Westdeutschland zwölf Prozent der Kinder unter 16 Jahren in Haushalten, deren Einkommen unter der Hälfte des Durchschnitts lag. In den neuen Ländern waren es 22 Prozent der Mädchen und Jungen. Der gestern vorgelegte Kinder- und Jugendbericht spricht in diesen Fällen von "Kinderarmut": Sie sei an die Stelle der Altersarmut der 60er Jahre getreten. Bundesfamilienministerin Nolte (CDU) wies die Definition der Experten zurück. Die Wissenschaft selbst sei sich Über den Armutsbegriff nicht einig. Auch sei es falsch, den Anstieg von Sozialhilfe beziehenden Familien als Beleg für wachsende Kinderarmut heranzuziehen: Vielmehr habe die Bundesregierung durch Leistungsverbesserungen den Kreis der Leistungsberechtigten stark erweitert. "Diese Leistungen verhindern reale Armut. Sie schaffen sie nicht", betonte die Ministerin. Insgesamt sei zwischen 1984 und 1994 das Einkommen der finanzschwachen Familien real gestiegen.
INTERVIEW

"Hohe Störungsrate"
Ohne Vater aufzuwachsen birgt Risiken.
Der Arzt Matthias Franz über neue Studien
FOCUS: Wie kamen Sie zu Ihren Daten?
Franz: Meine Kollegen und ich untersuchen den Verlauf und die Ursachen von psychosomatischen Störungen und Erkrankungen: etwa Angsterkrankungen, Depressionen, Selbstwert- und Beziehungsstörungen. Dazu haben wir den psychischen Gesundheitszustand von 301 repräsentativ ausgewählten Menschen über elf Jahre hinweg verfolgt. Wir waren sehr überrascht, als wir feststellten, dass die Probanden noch als Erwachsene eine höhere Störungsrate hatten, wenn ihr Vater in den ersten sechs Lebensjahren länger abwesend war. Dies war insbesondere bei den Jahrgängen 1935 und 1945 der Fall.
FOCUS: Sie fanden heraus, dass 50 bis 70 Prozent der Männer und Frauen, die heute unter erheblichen Problemen leiden, ohne Vater aufwuchsen. Die gleichaltrigen psychisch Gesunden waren zu 25 bis 40 Prozent vaterlos. Das heißt ja auch: Vaterlosigkeit führt keineswegs zwangsläufig in die Krise.
Franz: Nein, das tut sie nicht. Aber sie erhöht das Risiko dafür, vor allem wenn die Mutter keine weitere Unterstützung hat. In dieselbe Richtung weisen Ergebnisse aus einer anderen, noch laufenden Studie von uns zur Lebenssituation allein erziehender Mütter hier in Düsseldorf. Sie und ihre Kinder sind oft vielfältigen Belastungen ausgesetzt und deshalb auch überdurchschnittlich psychosomatisch beeinträchtigt.
FOCUS: Warum ist der Vater so wichtig?
Franz: Zunächst einmal weil das Kind durch die Interaktion von Mutter und Vater lernt, wie eine Beziehung funktioniert. Außerdem ist der liebevoll präsente Vater eine Person, an der das Kind zusätzlich lernen kann, sich zu behaupten. An seiner Sicherheit und seinem Selbstwertgefühl kann es sich orientieren und auch lernen, sich mit der mächtigen Mutterfigur der frühen Kinderjahre konstruktiv auseinander zu setzen und sich zu lösen.
FOCUS: Sollen Eltern nun auf Gedeih und Verderb zusammenbleiben?
Franz: Nein. Wenn eine Partnerschaft destruktiv ist, wirkt sie sich auch auf die Kinder destruktiv aus. Aber man sollte sich schon überlegen, was angesichts der wachsenden Zahl Alleinerziehender gesellschaftlich verantwortungsvoll getan werden muss.
FOCUS: Was denn?
Franz: Wir bieten zum Beispiel interessierten Müttern professionell geleitete Gesprächsgruppen an. Es wäre notwendig, überall leicht erreichbare Anlaufstellen - beispielsweise auch in Gesundheits- oder Jugendämtern - zu schaffen und Müttern, aber auch Vätern Unterstützungsangebote zu machen, auch wenn das angesichts der Situation der öffentlichen Finanzen zur Zeit schwer vorstellbar ist. Emotional oder berufsbedingt abwesenden Vätern müsste deutlich gemacht werden, wie wichtig ihre spürbare Gegenwart für die gesunde Entwicklung ihrer Kinder ist. Viele wissen das überhaupt nicht.
FOCUS: Wie sind die Reaktionen auf Ihre Studie? Immerhin passen Ihre Ergebnisse nicht in den Zeitgeist.
Franz: Es ist außerordentlich schwierig, die Studie in der Öffentlichkeit zu vermitteln. Es gab auch politische Widerstände. Aber: Wir werben um Unterstützung für die Alleinerziehenden, die häufig eben auch allein gelassen sind. Wir werfen ihnen nichts vor. Im Gegenteil: Wir treten auf Grund unserer Ergebnisse dafür ein, alles zu tun, um gestressten allein erziehenden Eltern zu helfen, ihren Kindern beizustehen.
INTERVIEW: FRANK GERBERT

Matthias Franz
Professor für Psychotherapie und Psychosomatische Medizin an der Universität Düsseldorf, Arzt für Psychotherapeutische Medizin, Epidemiologe; 44 Jahre alt Verfasser der Langzeitstudie "Wenn der Vater fehlt" (CoAutoren Klaus Lieberz, Norbert Schmitz, Heinz Schepank)
FOCUS 31/1998 - Geliebte kleine Jungs ?

Die britische Entwicklungspsychologin und Bestsellerautorin Penelope Leach zur neuen Benachteiligung der Jungen
FOCUS: Frau Leach, sind Jungen heute eine gefährdete Art?
Leach: Früher waren Mädchen definitiv in fast allen Bereichen die Benachteiligten. Die Situation hat sich umgekehrt. Ich glaube, die männliche Hälfte der Bevölkerung leidet heute - bis zu einem gewissen Grad - unter der Befreiung der weiblichen Hälfte. Das Problem scheint mir zu sein, daß wir die Jungen immer noch nicht zu den Männern erziehen, die wir uns wünschen. Das ist das Unfaire an der Sache.
FOCUS: Unfair, weil die Mütter den Söhnen bestimmte Dinge gar nicht beigebracht haben?
Leach: Ja, oder weil sie Angst vor ihren Söhnen bekommen haben. Vielleicht verlieren die Mütter den Mut oder die Kontrolle, so daß die Jungen mit ihrem wild zirkulierenden Testosteron das Gefühl haben, unkontrolliert zu sein. Und dann hört man die Frauen sagen, wie widerlich diese Männer sind. Aber jeder Mann war mal irgend jemandes geliebter kleiner Junge.
FOCUS: Was ist passiert? Warum können wir diese Lücke nicht schließen?
Leach: Ich denke, das Problem entsteht, weil die Jungen nicht entsprechend bevatert wurden. Ich bedauere besonders die ganz jungen Männer. Sie versuchen, Mann zu sein, und wissen gar nicht, wie das geht, weil ihre Mütter und ihr kulturelles Umfeld sie darauf nicht vorbereitet haben. Ich hoffe, die nächste Müttergeneration wird es besser machen.
FOCUS: Welche Rolle spielen die Väter heute?
Leach: Wenn man ein, zwei Generationen zurückschaut, muß man sagen, daß sie heute eher mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen als früher. Früher aber pflegten viele Jungen, eine Menge Zeit damit zu verbringen, Männern hinterherzutrotten, von ihnen zu lernen, wie man Sachen macht, dies hält, jenes holt. Jungs hatten so eine Art Lehrlingsstatus. Das ist vorbei. Mädchen hingegen erleben das noch, in der Küche oder beim Einkauf .
FOCUS: Warum tun sich die Jungen mit der Anpassung schwerer?
Leach: Die Unterschiede in der Hirnreife sind bekannt, und dann sind Jungens sehr motorisch im Vergleich zu den kognitiveren Mädchen. Ich nehme an, daß die gesellschaftlichen Veränderungen, die wir erleben, für die Jungen härter sind als für die Mädchen. Auf der eine Seite kommt es zur Beschränkung des Lebens - und Bewegungsraums: Nirgendwo können Kinder allein hingehen, keines spielt mehr vor der Tür, der Sport wird reduziert. Auf der anderen Seite erhöht sich die Stimulanz, etwa durch Computerspiele. Beide Faktoren sind für die Jungen härter zu ertragen. Heute soll ein Junge ein ganzer Kerl sein - und gleichzeitig eine hingewandte, sich kümmernde Person. Das ist ein größerer Widerspruch als alles, was man von den Mädchen verlangt. Denen sagt man nur: Du kannst weiblich, sexy und zugewandt und all das sein, was Frauen schon immer waren. Und du kannst auch noch kompetent sein.
FOCUS: Können Jungen überhaupt noch etwas richtig machen?
Leach: Wir geben ihnen keine Verantwortung, wir behandeln sie nicht so nett wie unsere kleinen Mädchen -und dann werden sie es auch nicht.
FOCUS: Wann beginnen sich Unterschiede in der Entwicklung zu manifestieren?
Leach: Sehr früh. So legen neuere Untersuchungen nahe, daß Jungen im Alter von ein bis zwei Jahren mehr unter Gruppenbeteuung leiden als Mädchen. Es könnte gut sein, daß sie durch die Gruppenbetreuung aggressiver, weniger sozial und weniger bereit sind, Autorität anzuerkennen. Das könnte sehr wohl ihre Lernfähigkeit in den ersten Schuljahren beeinflussen.
FOCUS: Inwiefern?
Leach: Wir wissen, daß Jungen kognitiv später dran sind. Vielleicht müssen Jungs durch Vorbilder und Beispiele lernen, weil sie nicht so gut aus Büchem lernen. Ich bin immer ganz erschüttert, daß für beide Geschlechter Schulbildung ein ziemlich unmögliches Unterfangen ist. Mädchen lernen besser in reinen Mädchenschulen, Jungen besser in gemischten Schulen. Das zeigen Forschungsergebnisse.
FOCUS: Gibt es eine Chance für eine Umkehr?
Leach: Ich will das mit einem Bild beantworten. Nehmen wir einen Schulhof. Früher haben dort die Jungs Fußball gespielt und die Mädchen sich unterhalten. Immer wieder rannten dann die Jungen die netten kleinen Mädchen um. Dann hat man gesagt, Fußball ist schön und gut , aber wir müssen die Schulhöfe so organisieren, daß Mädchen mehr Platz bekommen. Ich glaube, damit sind wir zu weit gegangen. Es ist an der Zeit, den Freiraum für die Jungen zu organisieren und die Balance derherzustellen. Es war nötig, sich um die Mädchen zu kümmern aber jetzt ist, es i. sich wieder den Jungen zuzuwenden und ihnen klarzumachen, daß sie willkommen sind auf dieser Welt, daß wir an ihnen genau das schätzen, was sie von Mädchen unterscheidet. Zum Beispiel, daß sie so schnell rennen können - auch wenn sie dabei furchtbares Geschrei machen. "Es ist heute fast politisch unkorrekt, ein Junge zu sein", faßte die Harvard-Psychologin Carol Gilligan, die mit Mädchen-Forschung berühmt wurde, das moderne Jungen-Dilemma zusammen. Sind Jungen die Verlierer der postindustriellen Gesellschaft? Seit Menschengedenken, sagen Sozialwissenschaftler wie der Harvard-Professor William Julius Wilson, gehörten für die Männer Arbeit, Ehe und Vaterschaft zusammen. Männer lernen ihr Sozialverhalten durch sie. Mit dem gleichzeitigen Niedergang von Arbeit und Ehe werden manche jungen Männer zu ungelenkten Geschossen: vaterlos, ungebildet, ungelernt, unverheiratet, arbeitslos. Wie explosiv diese Mischung ist, zeigen die Innenstädte von Amerika, die Vorstädte von Paris oder Marseille und manche Gegenden in den neuen Ländern. Allein in Frankreich beträgt die Arbeitslosigkeit bei den unter 25sjährigen 27 Prozent. Die Entwicklungspsychologin Penelope Leach (s. Interview) meint, Jungen lernen anders, reifen anders und bedürfen größerer persönlicher Fürsorge und der Zivilisierung durch die kognitiveren" Mädchen. Jungen, so Leach, sind motorischer als kleine Mädchen, sind lauter und unordentlicher. Sie brauchen mehr persönliche Zuwendung, bekommen sie aber nicht in vollen Krippen, Horten oder Klassen mit vielen anderen lauten Jungs und netten, kleinen, stillen Mädchen. Wenn kleine Jungen aggressiv, destruktiv, ungehorsam sind, werden sie erst vor die Tür gestellt und im schlimmsten Fall in die Sonderschule abgeschoben, weil keiner mit ihnen fertig wird, schon gar nicht die weiblichen Lehrer. Jungen sind anders, und ihr Anderssein bedarf anderer Antworten von EItern und Erziehern. So fruchten, laut Leach, verbale Tadel bei Jungen gar nicht. Das endlose "Hörauf!", "Setz dich hin!", "Sei ruhig!" sei kontraproduktiv. Da Frauen größere kommunikative Talente haben und inzwischen längere Schulzeiten vorweisen können, sind sie gegenüber Männern im Vorteil. Denn Jobs, die eine gewisse Schulbildung verlangen, wachsen zahlenmäßig, und solche, die keine Qualifikation brauchen, werden weniger. So schätzt das Bonner Arbeitsministerium, daß bis 2010 nur noch zehn Prozent der Jobs in Deutschland für Ungelernte geeignet sind. 1976 lag diese Quote noch bei 35 Prozent. Wie kann man den knabenfeindlichen Trend umkehren? Die Sozialwissenschaftler antworten kurz und knapp: mit der Zwei-Eltern-Familie. Die Anwesenheit des (vorzugsweise) "biologischen" Vaters in der Familie ist so wichtig, daß sie alle anderen Faktoren nebensächlich macht. William Galston und Elaine Kamarck, zwei Soziologen, die für Clinton gearbeitet haben, behaupten, "die Beziehung zwischen Vater im Haus und Verbrechen ist so stark, daß sie die Beziehung zwischen Rasse und Verbrechen und niedrigem Einkommen und Verbrechen auslöscht.
CHRISTINE BRINCK
Sorgerecht kann mit Vater geteilt werden - Eltern gefordert, sich zu einigen
Ledige Mütter bekommen für ihre Kinder keine Amtspflegschaft mehr aufs Auge gedrückt. Seit 1.Juli haben sie alleiniges Sorgerecht.
Wenn sie wollen, können sie es mit dem Vater teilen. Das war bisher, anders als bei geschiedenen Eltern, nicht möglich. "Wenn sie möchten, sorgen wir aber weiterhin für Vaterschaftsfeststellungen und die Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen",versichert Rolf Bellmann aus der Jugendamtsabteilung für Pflegschaften.
Für 450 Kinder hat Hattingen eine Amtspflegschaft übernommen. Jedes Jahr kommen rund 100 Neugeborene hinzu. Diese Pflegschaften gehen automatisch in Beistandschaften über. Die Stadt hat den betreffenden Müttern geschrieben, daß sie sie aufheben lassen können.
"Wir stellen uns darauf ein, daß wir unser Beratungsangebot erweitern und über das neue Sorgerecht aufklären müssen.", sagt Bellmann. Er rechnet damit, daß reihenweise unverheiratete Mütter abspringen "und wir arbeitslos werden". Zusammenlebende Mütter und Väter hätten schon immer relativ wenig mit dem Jugendamt zu tun gehabt. "Doch es gibt immer Fälle, wo Mütter ihrem Geld hinterherlaufen müssen. Die werden wir behalten." Das sei auch die Erwartung umliegender Jugendämter. Um auf Beratungen vorbereitet zu sein, wurden die Mitarbeiter durchs Landesjugendamt geschult.
Geschiedene Eltern bekommen, wenn nicht gute Gründe dagegensprechen, jetzt automatisch gemeinsames Sorgerecht. In den letzten Jahren hatte sich nach Erfahrung der Stadt ein Viertel aller Eltern darauf geeinigt. "Sie sind jetzt stärker gefordert, sich zu einigen", sagt Rolf Bellmann.
Gestärkt wird das Recht des Kindes auf Umgang mit Mutter und Vater und anderen Verwandten. Es werde dauern, bis ein Umdenken bei den Erwachsenen stattgefunden hat, vermutet Bellmann. Ledige Mütter, die seit Jahren keinen Kontakt mit dem Vater ihres Kindes hatten, erkundigten sich bereits besorgt bei der Stadt. Dort haben auch Väter die Möglichkeit, sich helfen zu lassen und ein Umgangsrecht notfalls per Gerichtsbeschluß durchzusetzen. Nicht mehr als ehelich gelten Kinder, die nach der Scheidung geboren werden.

WAZ Hattingen 3. Juli 1998

Amtshilfe blieb aus

Zu "Amtshilfe wird freiwillig für ledige Mütter" vom 3. Juli.
Es bedarf schon einer ziemlichen Blauäugigkeit, wenn das Jugendamt vermutet,daß es nur aufgrund eines neuen Gesetzes zu einer gütlichen Einigung in Sachen Sorgerecht kommt. Eine verbitterte Mutter bzw. ein verbitterter Vater wird keineswegs in Zukunft ohne weiteres auf das alleinige Sorgerecht verzichten. Wenn das Jugendamt sein Beratungsangebot erweitern kann, wie von Herrn Bellmann angekündigt, besteht vielleicht in Zukunft Hoffnung, daß das Jugendamt sich auch um aktuell anstehende Fälle kümmert. Es wäre zu schön, wenn ich als geschiedener Vater vom Jugendamt Hattingen berichten könnte, es hätte mir bei der Umsetzung meines Umgangs, wie im Artikel angekündigt, geholfen.
Meine bisherigen Erfahrungen lassen das Gegenteil erwarten.

Ulrich Herrmann Händelstr. 1
(Ein geschiedener Vater, dem seit nunmehr zwei Jahren trotz Einschaltung des Jugendamtes der Umgang zu seinen drei Kindern verweigert wird.)

waz Hattingen

Trennen sich Eheleute, streiten sie oft, wer in der Ehewohnung bleibt. Grundsätzlich muss ausziehen, wer den Trennungswunsch äußert. Stellt dies für einen der Partner eine "schwere Härte" dar, kann das Familiengericht auf Antrag eines Ehegatten von dieser Regel abweichen. Eine solche Härte kann vorliegen bei Gewalttätigkeiten oder Alkoholmissbrauch. Als unzumutbar gilt auch, wenn ein Ehegatte den neuen Lebensgefährten in die Ehewohnung mitbringt. Der übliche Trennungsstreit reicht nicht, um eine Gerichtsentscheidung zu verlangen. In solchen Fällen bleibt es dabei, dass beide notfalls das gesamte Trennungsjahr in der gemeinsamen Wohnung verbringen müssen. Kommt es zu einer Gerichtsentscheidung, orientiert diese sich bei Ehepaaren mit minderjährigen Kindern vor allem am Kindeswohl. Auch das Eigentum an der Wohnung wird berücksichtigt, bindet das Gericht aber nicht. Selbst wenn der eine Partner Allein-Eigentümer ist, kann sie dem anderen zugewiesen werden. Die Entscheidung ist eine vorübergehende Nutzungsregelung. Sie wirkt bis zur Scheidung. Auf das Eigentum an der Wohnung oder auf den Mietvertrag hat sie keinen Einfluss. Möglicherweise muss dem ausziehenden Ehegatten aber eine angemessene Vergütung gezahlt werden.

waz Hattingen

Geht eine Ehe auseinander, wird oft bei der Trennung das Vermögen einverständlich aufgeteilt: beide Eheleute erhalten die Hälfte des während der Ehe hinzugewonnenen Vermögens. Das böse Erwachen kommt nach Ablauf des Trennungsjahres, wenn trotzdem ein Ehegatte im Zusammenhang mit der Scheidung Zugewinnansprüehe geltend macht. Der Grund: das Gesetz setzt als Stichtag für die Aufteilung des ehelichen Zugewinns den Tag fest, an dem der Scheidungsantrag zugestellt wird.
Ein Beispiel zeigt die Gefahr:
Bei der Trennung wird der Zugewinn von 20 000 DM aufgeteilt, jeder erhält 10 000 DM.
Der eine spart den Betrag, der andere gibt ihn vollständig aus. Am Stichtag "Scheidungsantrag" erlebt der sparsame Ehegatte eine böse Überraschung. Denn er besitzt nun das Ehevermögen und muss deshalb 5000 DM an den weniger Sparsamen abgeben. Diese unerwünschte zweite Aufteilung des Vermögens lässt sich mit rechtlichen Maßnahmen verhindern, etwa durch Gütertrennung nach der ersten Aufteilung des Zugewinns.

waz Hattingen